Seelenliebe 1.3
...
Mich durchfuhren blitzartig
Erinnerungen an den Geburtstag.
Ich,
nachts, mit meinen Freunden Jessy, Sandra, Vanessa und David
im
Auto. Partystimmung auf dem Weg zu unserem lieblings Club.
Plötzlich
Lichter vor uns. Ein Auto aus dem Gegenverkehr auf der
falschen Spur.
Und es ist zu spät.
Ab dem Zusammenprall erinnerte ich mich an nichts.
Was ich aber
schlagartig auch wusste, ist das die zwei Personen vor
mir in der Küche
meine Eltern sind. Ich wollte meiner Mutter und
meinem Vater sagen,
dass ich okey bin, sie in die Arme nehmen. Doch
etwas hielt mich
davon ab. Bis jetzt war alles abgelaufen, als würde
ich fernsehen
oder in einem Theater sitzen. Warum bemerkten meine
Eltern mich nicht !?
Sie
hätten es doch bemerken müssen, das ich hier stand.
Ich hatte das
starke Gefühl zu wissen was mit mir passiert ist,
wollte es mir aber
nicht eingestehen. Es konnte einfach nicht sein.
Nicht ich. Warum
mir?! So was ist doch gar nicht möglich oder?
Meine Gedanken
überschlugen sich.
Mein
Vater sagte dann voller Besorgnis:
"Du solltest etwas essen,
ich mache dir etwas, ja Schatz?"
Er
schaute meine Mutter fragend, mit feucht glänzenden Augen an
und ihr
rollte eine Träne die Wange herunter, während sie ganz
leicht mit
dem Kopf nickte. Er strich ihre Träne behutsam weg,
gab ihr einen
sanften Kuss auf die Nase und ging zum Kühlschrank.
In diesem Moment
fiel mir auf, dass ich gar kein Hungergefühl empfand.
Ich fühlte
mich jedoch weder hungrig noch satt. Es fehlte komplett.
Ebenfalls
empfand ich keine anderen unbehaglichen Dränge oder
Empfindungen.
Ein seltsames Gefühl. Was um Himmels Willen ist nur passiert?
Sollte
ich nicht eigentlich in einem Krankenhaus aufwachen?
Ich atmete tief
ein um mich zu beruhigen. Warte, nein, hier stimmte
auch etwas nicht.
Bis eben habe ich doch tatsächlich nicht geatmet,
oder? Konnte das
sein? Oder hatte ich es bloß nicht gemerkt?
Nach einer Weile der
Überwindung, beschloss ich den ultimativen
Test zu machen. Ich
bewegte mich in die Mitte der Küche.
Sah zu meinem Vater, der stark
in Gedanken verloren und immer
noch mit feuchten Augen, vollkommen
abwesend Brote schmierte.
Dann sah ich zu meiner Mutter, die gerade
den Anschein machte
sich etwas beruhigt zu haben und an etwas Schönes
zu denken.
In genau dem selben Moment erinnerte ich mich schlagartig,
nur für Sekunden, an einen Angelausflug, den wir alle zusammen
gemacht hatten, als ich ganz klein war. Mein Vater hatte seinen
bisher
größten Fisch geangelt an dem Tag und hatte ihn mir zum
Halten
gegeben.
Es
war eine schöne Erinnerung und ich musste lächeln.
Ich
setzte mich behutsam auf den Stuhl neben meiner Mutter.
Ich schaute
sie lange an, wie sie bewegungslos auf ihrem Stuhl saß
und schaute
dann nochmals zu meinem Vater herüber und habe das
Gefühl Tränen
in den Augen zu bekommen. Er hatte das Brotmesser
beiseite gelegt,
stützte sich mit einer Hand an der Küchentheke ab
und hielt die
andere Hand vor seine Augen. Seine Hand zitterte leicht.
Ich drehte mich wieder zu meiner Mutter, die immer noch bewegungslos
da saß.
Jetzt, der ultimative Test. Anstatt wie man es manchmal in Filmen
sieht, meine Hand durch sie hindurch zu schlagen, kam ich ihr ganz
langsam näher und versuchte sie zu umarmen. Wie gerne hätte ich das
jetzt getan. Doch in dem Moment, in dem ich sie endlich hätte umarmen
sollen, gingen meine Hände, meine Arme einfach durch sie hindurch.
Genau in dem Moment begann meine Mutter wieder unglaublich
schmerzerfüllt zu weinen und zu schluchzen an.
Ich war bewegungslos,
wie betäubt und in Schock. Eines war jetzt absolut
sicher. Ich
existierte nicht mehr. Ich war weg vom Fenster. Den Satz
"nur
über meine Leiche" konnte ich vergessen, den würde ich nie
wieder
verwenden können. Ich war tot, eine körperlose Seele, ein
Geist ?! ...
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